Die Flößer kommen !

von Franz Wieland -  31. Oktober 1948

„Die Flößer kommen!“, schallt weithin der Schrei,
und schon eilen alle die Kinder herbei,
die irgendwo in der Nähe gespielt
und sich so glücklich dabei gefühlt.
Vom Murgbett, von hüben und drüben im Nu
sie sausen der Murginselstellfalle zu;
denn dort an den Bäumen hat eben ganz sacht
ein Flößer am Ufer sein Floß festgemacht.

Und weiter hinten der Insel entlang
hantieren noch andre mit Seilen und Stang,
bis endlich verankert ein jeder sein Floß,
damit sich’s nicht unversehends reißt los.
Mit großen Augen die Kinderschar steht,
damit ihr ja nichts Wichtiges entgeht;
sie ahnten - ’s war vor der Jahrhundertwend’ -
noch nicht der Flößer baldiges End’.

Wie war doch die Flößerstange so groß!
Wie hielten die Wieden zusammen das Floß?
Aus ganz jungen Fichten gedreht waren sie.
Man konnte sich nur nicht vorstellen wie?
Die Stulpenstiefel der Flößer gar
erschienen uns Kindern höchst wunderbar,
ganz hoch bis zur Hüft, grobledern, nicht fein,
da konnt’ wohl kein Tröpfchen Wasser hinein.

Der Vordermann naht sich der Fall’ nun vom Land
und wuchtet sie hoch jetzt mit kundiger Hand.
Hinab schießt das Wasser, es gurgelt und zischt.
Hoch steigen die Wellen, noch höher die Gischt.
Nun springt er wieder behend auf sein Floß
und macht es von der Verankerung los.
Gleich packt es die Strömung, die Wasser, sie ziehn.
Schon treibt es zur offenen Stellfalle hin.

Jetzt gilt es, die Mitte genau halten ein,
damit es nicht anstößt, das Deichloch ist klein.
Und unter der Falle heißt’s tief sich gebückt!
In Hockstellung! Gott sei Dank! ’s ist geglückt!
Doch unten im Strudel wie schwanket das Floß!
Da drohte den Flößern Gefahr stets sehr groß.
Schon manchmal ein Floß auseinander hier riß,
den Flößer ins tosende Wasser es schmiß.

Der Flößer die Stange schwinget und dreht,
das Wasser weit über die Knie ihm geht.
Doch aufrecht er steht, die Durchfahrt gelingt,
den Strudel auch glücklich er hinter sich bringt.
Jetzt nur noch dort durch zwischen Mauer und Stein,
schon gleitet das Floß in den Engpaß hinein;
denn rechts von dem Richtstein ging flott es und leicht,
doch links drohte Unheil, da war es zu seicht.

Nun endlich das Floß kommt in ruhigen Lauf,
die Gefahr ist vorüber, der Flößer lebt auf,
schaut rückwärts, wie’s den Gefährten ergeht,
ob jeder die schwier’ge Abfahrt besteht.
Dann legt weiter unten sein Fahrzeug er an,
und während die andern auch kommen heran,
zurück auf die Insel er eilet im Nu,
und macht dort die Stellfalle gleich wieder zu.

Zurückgekehrt einen Imbiß er nimmt,
und dann seine Flotte gleich weiterschwimmt.
Es setzt an die Spitze sich wiederum er,
und rasch geht es weiter zum nächsten Wehr.
Wir Kinder schauten nach bis zum letzten Blick
und kehren dann zu unseren Spielen zurück.
Doch immer selt’ner die Flößer wir sahn,
bis gänzlich verdrängt sie die Eisenbahn.

Auch ich stand als Kind stets gerne dabei,
erlebt auch das Ende der Murgflößerei,
sah oft noch die Flößer im geistigen Blick
und denk an die Tage der Kindheit zurück. 

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